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Rainbach: Hier werden die großen Themen der Menschheit verhandelt
1000 EinwohnerInnen zählt das kleine Dorf Rainbach im Innkreis. Von dort stammt Friedrich Ch. Zauner, seines Zeichens einer der bedeutendsten Gegenwartsautoren Österreichs. Mit seiner Tetralogie „Das Ende der Ewigkeit“ ist ihm Mitte der Neunziger ein großer literarischer Wurf gelungen. Die Wochenzeitschrift „Die Zeit“ hat das Werk damals als eine der „spannendsten Unternehmungen der Gegenwartsliteratur“ bezeichnet. Friedrich Zauner hat damit einerseits seiner Heimat, dem Innviertel, ein schriftliches Denkmal gesetzt, andererseits aber auch ein universal gültiges, außergewöhnliches Werk geschaffen.
Der Kritiker Karl-Markus Gauß hat damals geschrieben: Friedrich Zauner hat ein Werk geschaffen, dass „die Heimat endlich weder verklärt, noch verächtlich macht. Nein, in diesem weitgespannten, von einer faszinierenden Fülle an Figuren bevölkerten Romanwerk wird die Heimat nicht gepriesen und nicht verdammt, sondern erkundet.“ Dieses Gauß-Zitiat bezieht sich zwar auf die Tetralogie „Das Ende der Ewigkeit“, gilt aber auch für die Evangelienspiele: Denn auch wenn sie als roten Faden ihren Ausgangspunkt in der Bibel haben, so werfen sie die Menschheit allgemein betreffende Fragen des Lebens auf.
Doch wieder zurück zu den Rainbacher Evangelienspielen: Diese wurden 2004 von Friedrich Ch. Zauner und seiner Frau Roswitha Zauner - damals bereits über 70 Jahre alt - ins Leben gerufen und stellen einen Traum dar, den der Autor noch offen hatte zu verwirklichen. Seit dem - die letzten beiden Jahre ausgenommen - zieht einmal jährlich im Sauwald Hochkultur ein. Gespielt von Professionisten aus dem deutschsprachigen Raum und aus den Spaten Theater, Musik, Tanz und bildende Kunst, vermischt mit Laien aus der Region. Die Stücke stammen allesamt von Friedrich Zauner, der sich den Stoff der Bibel angeeignet hat und daraus Theater für alle macht, das berührt und zum Nachdenken anregt, das sich nicht anbiedert und trotzdem verständlich bleibt.
Brudermord und die Frage nach dem Anfang von allem
Heuer führt zum ersten Mal nicht Zauner selbst Regie. An seine Stelle tritt Vincent Sierp, Schauspieler und Regisseur aus Berlin. Gemeinsam mit dem Verein der Rainbacher Evangelienspiele, die unter der Leitung von Anne Zauner, Tochter von Friedrich und der im letzten Jahr 84-jährig verstorbenen Roswitha Zauner, stehen, wird Sierp heuer die Rainbacher Evangelienspiele zum 17. Mal auf die Bühne stellen. Einmal mehr im vor einigen Jahren extra errichteten Haus der Evangelien, einem Bühnen- und Theaterraum aus Holz, der den Blick auf die Landschaft freigibt, in der sich das Stück und das Leben an sich abspielt.
Heuer steht „Ysop auf dem Feld“ am Programm: Eine Geschichte, die jeder kennt - Adam und Eva, die aus dem Paradies vertrieben wurden. Kein und Abel, der Brudermord. Ein Stück von Friedrich Zauner, mit Musik aus der Feder des oberösterreichischen Komponisten Fridolin Dallinger.
Premiere ist am Donnerstag, 23. Juni um 19:30 Uhr, anschließend wird 12 Mal gespielt und zwar bis 3. Juli 2022, auch Nachmittagsvorstellungen um 15 Uhr werden angeboten.
Infos: http://www.rainbacher-evangelienspiele.at
Datum: 9. Juni 2022 / Text: Michaela Ogris-Grininger / Fotos: Rainbacher Evangelienspiele