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Kunstrausch über Linz

Die Sehnsucht danach ist groß, die Suche immerwährend - die Rede ist vom Paradies. Her damit, hier und jetzt - heißt es heutzutage! Warten war schließlich gestern. Aber wie sieht sie aus, die vielleicht beste aller Welten? Diese Frage steht im Zentrum der rund 40 Arbeiten der diesjährigen letzten Ausgabe des Linzer Höhenrausches mit dem Titel „Wie im Paradies“.

Früher war alles irgendwie - einfacher. Da gab es eine Hölle, ein Paradies, eine Welt. Oder? Heute gibt es ja so viele Möglichkeiten. Dieser ganze Individualismus beschert in allen Bereichen Vielfältigkeit. Ganz schön anstrengend! Oder spannend?! Vor allem dann, wenn diese Differenziertheit in Form von Kunst und in Form einer Ausstellung wie dieser gezeigt wird. Denn der Höhenrausch ist etwas besonderes, in doppelter Hinsicht. Erstens zeigt er zeitgenössische Kunst in all seinen Facetten. Zweitens tut er das auf eine Art und Weise, die Jung und Alt, von der alten Kunstkennerin und Ausstellungsbesucherin bis hin zur Kunstneueinsteigerin einen Zugang finden lässt und drittens begeistert dieser Kunstrausch allein schon durch den Standort, die Schauplätze, das Setting. Mitten auf der Landstraße einmal in den Innenhof - den Ursulinenhof - abgebogen, befindet man sich schon quasi mitten drin im Ausstellungsgeschehen. Denn der Höhenrausch erstreckt sich über die sich im Herzen von Linz befindenden Kunst-Schauplätze U-Hof, Offenes Kulturhaus (OK) und deren Überbauten. Es geht nämlich - wie der Name schon sagt - ganz schön in die Höhe bei dieser Ausstellung.

Über den Dächern der Landeshauptstadt

Ein sehr großer Teil der Exponate des Höhenrausches wird auch tatsächlich über den Dächern der Oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz gezeigt. Der höchste Teil - das Parkdeck und der „Keine Sorgen“-Turm - bieten neben dem Kunstgenuss zudem eine wunderbare 360 Grad-Sicht über die ganze Stadt. Ein Teil des Außenbereiches - der Voestalpine open space - lädt sogar zum Verweilen ein. Denn die österreichische Künstlerin Eva Schlegel hat mit ihrer Installation Under the cherry treedie Stahlkonstruktion in 20 Metern Höhe in ein Naturparadies mit Kirschbäumen, Elefantengras und Glyzinien verwandelt und diese Elemente mit den Blick brechenden Spiegelflächen und lyrischen Gedichten vermischt. Und auch bei einem zweiten Kunstwerk bleibt man gerne länger stehen - vor allem an heißen Tagen. Die 1933 (sic!) geborene japanische Künstlerin Fujiko Nakaya hat am großen Parkdeck eine Skulptur geschaffen, die Nebel versprüht, der durch den Wind, Nebelgeistern gleich, ständig seine Gestalt verändert. „Cloud Parking in Linz“ erzeugt nebenbei auch noch ein angenehm kühles Klima. Sensationell!

 

Worüber reden wir in Zukunft?

Doch es gibt noch so vieles mehr. Den Andachtsraum von Erich Spitzbart beispielsweise, diesen Raum der mit hunderten römisch-katholischen Heiligenbildern austapeziert ist und diese Tradition ins Absurde oder Faszinierende führt. Oder auch den Ort der Zukunft - „RISE. Turnton2047“, der die Besucherinnen in eine Bar aus der Zukunft eintauchen lässt. Was denken wir in gut 25 Jahren? Worüber werden wir reden? Was wird uns beschäftigen? Wie wird sie sein, unsere Welt? All diesen Fragen ist das Linzer Kulturkollektiv Times Up nachgegangen - auf akribische Art und Weise.

Ja, es ist einfach so. Man muss ihn erleben, diesen Rausch der Kunst. Nicht nur weil er der letzte genau dieser Art sein wird, aber auch deshalb. Und weil er so viele tolle Werke zeigt, die so sehr die Vielfältigkeit, die Lebendigkeit, die Möglichkeiten der Weltbetrachtung, des zeitgenössischen Kunstschaffens - national wie international - aufzeigt.

 

Höhenrausch „Wie im Paradies“ - bis 17.10.2021

www.hoehenrausch.at

Datum: 31. Mai 2021/ Text und Fotos: Michaela Ogris-Grininger